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Pflanzenzüchtung
Pflanzen werden bereits seit 12`000 Jahren züchterisch bearbeitet. Die gesamte Pflanzenzüchtung basiert auf Variation im Erbgut beziehungsweise genetischer Diversität. Die Vielfalt an Merkmalen entsteht einerseits durch Mutationen (= Veränderungen des Erbguts einer Zelle), andererseits durch Kreuzung. Über tausende von Jahren hat man Pflanzen mit erwünschten Merkmalen selektioniert und weitervermehrt. Fast alles, was wir heute täglich auf unseren Tellern finden, stammt von Pflanzensorten, die vorgängig in irgendeiner Weise gezüchtete wurden. Einige davon wurden erst durch Züchtung geniessbar, andere haben ihre Form, Farbe und Grösse der Züchtung zu verdanken. Ein eindrückliches Beispiel ist der Ur-Kohl, aus dem verschiedene Gemüse wie Blumenkohl, Brokkoli, Kohlrabi, Federkohl, Weisskraut, Wirsing und Rosenkohl gezüchtet worden sind.
Pflanzensorten wurden und werden stetig weiterentwickelt und optimiert. Die Züchtungsziele sind unterschiedlich und haben sich je nach Kultur im Verlauf der Zeit verändert:
- Ertragssteigerung
- Bessere Qualität (z.B. Inhaltsstoffe) und einheitlicheres Aussehen
- Toleranz oder Resistenz gegenüber Schädlingen und Krankheiten
- Toleranz oder Resistenz gegenüber Umweltbedingungen wie Trockenheit, Frost und Hitzestress
- Angepasstheit an die (lokalen) Bedingungen
Methoden der Pflanzenzüchtung
Über hunderte von Jahren war man vom Auftreten von natürlichen Mutationen abhängig und konnte züchterische nur mit Kreuzen und Selektionieren eingreifen. Erst in den 1930er Jahren hat man angefangen, das Saatgut mit physikalischen und / oder chemischen Methoden (Strahlung, Chemikalien) zu behandeln, damit mehr Mutationen und somit mehr Variation entsteht. Diese Mutationen geschehen an zufälligen Stellen im Erbgut, wodurch es zu vielen ungewünschten oder unbrauchbaren Mutationen kommt. Durch mehrfaches und zeitaufwändiges Rückkreuzen werden unerwünschte Mutationen rausgekreuzt. Bei diesem Verfahren der Züchtung dauert die Entwicklung einer neuen Pflanzensorte bei Ackerkulturen bis zu 15 Jahren und bis zu 30 Jahren für mehrjährige Kulturen wie Obstbäume.
In den 1980er Jahren hat man die Verfahren der «alten» Gentechnik entdeckt. Dabei werden ein oder mehrere Gene mit Hilfe von Gen-Kanonen oder Bakterien in die Zelle eingeschleust, um Variation zu erzeugen. Diese Gene können von einer anderen Pflanzenart oder der gleichen Pflanzenart (z.B. von einer Wildpflanze) stammen, wie die Sorte, welche man züchterisch verbessern möchte. Die Gene werden an einer oder mehreren Stellen zufällig ins Erbgut eingebaut, wobei die unerwünschten Veränderungen wiederum rausgekreuzt werden müssen. Im Vergleich dazu nutzt man bei Neuen Züchtungsverfahren (NZV) biologische Werkzeuge wie Proteine oder RNS, welche die Sequenz im Erbgut erkennen können, die verändert werden soll. NZV sind somit gezielter als die «alte» Gentechnik, aber auch hier müssen die biologischen Werkzeuge in die Zelle eingeschleust werden. Dadurch können Gene gezielt umgeschrieben werden oder es kann ein Gen an einer vorher bestimmten Stelle eingefügt werden.
Unabhängig vom Verfahren, welches zur Pflanzenzüchtung angewendet wurde, muss die durch die Züchtung entstandene Sorte eine mehrjährige Sortenprüfung im Feld durchlaufen. Während der Sortenprüfung werden Sorten aussortiert, welche unter den natürlichen lokalen Wachstumsbedingungen nicht die gewünschte Leistung erbringen oder schlecht angepasst sind. So kann gewährleistet werden, dass nur die besten Sorten auf die offizielle Sortenliste aufgenommen werden. Mit Ausnahme von gentechnisch veränderten Sorten werden alle in der Schweiz zugelassenen Sorten automatische in der EU zugelassen und umgekehrt.
Bedeutung der Pflanzenzüchtung für die Landwirtschaft
In der «Strategie Pflanzenzüchtung 2050» hält das BLW die Vision für den Zeithorizont bis 2050 wie folgt fest: «Die Schweizer Pflanzenzüchtung ist mit ihren hervorragenden Sorten und Kompetenzen tragender Pfeiler einer nachhaltigen und innovativen Land- und Ernährungswirtschaft». Die Züchtung von neuen Sorten ist für die Schweizer Landwirtschaft in jeder Hinsicht essenziell. Nur so werden auch in Zukunft leistungsfähige Sorten zur Verfügung stehen, welche den Ansprüchen von Landwirtschaft und Gesellschaft gerecht werden. Dies beinhaltete einen reduzierten Ressourceneinsatz (Dünger, Pflanzenschutzmittel) sowie Anpassungen an den Klimawandel (Toleranz/Resistenz gegen Trocken-, Hitzestress, Spätfrost, etc.). Lediglich angepasste Sorten ermöglichen die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln bei gleichzeitigem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen.
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Kontaktperson
Marion Ramp
Fachverantwortliche Pflanzenzüchtung, Ernährung, Nährstoffe, geistiges Eigentum, Nischenkulturen, Biolandbau
Belpstrasse 26, 3007 Bern
marion.ramp@sbv-usp.ch
Departement Produktion, Märkte & Ökologie
Geschäftsbereich Pflanzenbau