Hauptinhalt

Freihandel mit China: Wann kommt der Erfolg?

Medienmitteilung des Schweizer Bauernverbands vom 11. Mai 2018

Vor vier Jahren trat das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China in Kraft. Eine Analyse des Schweizer Bauernverbands zum Nutzen für die Gesamtwirtschaft, den Agrarhandel sowie den Käseexport gelangt zu ernüchternden Ergebnissen. Zur Versachlichung der Debatte über weitere Freihandelsabkommen entschied der Vorstand des Schweizer Bauernverbands, diese Fakten in einem Bericht zu veröffentlichen.

2013 gelang dem Bundesrat, was in Kontinentaleuropa bis dahin noch keiner seiner Amtskollegen vollbracht hatte: Er schloss ein Freihandelsabkommen mit der globalen Wirtschaftsmacht China ab. Vier Jahre nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2014 stellt sich die Frage, ob der erwartete Exportboom eingetreten ist. Der Schweizer Bauernverband (SBV) nahm die Entwicklung der Gesamtexporte und jener der Agrarprodukte unter die Lupe und fasste die Erkenntnisse in einem kurzen Bericht zusammen.

Über alles hinweg gesehen, stiegen die Exporte nach China (mit dem bilanzverzerrenden Goldhandel) zwischen 2012 und 2017 um 47 Prozent. Am stärksten legte die Pharmabranche zu. Während der Pharmasektor seinen Anteil verdoppeln konnte, büssten sowohl der Maschinensektor als auch die Uhrenindustrie sogar Anteile ein. Zudem lassen sich die höchsten Wachstumsraten vor 2014 feststellen. Das legt den Schluss nahe, dass die Konjunktur in China sowie der Wechselkurs entscheidender zur Handelsentwicklung beitrugen, als das eigentliche Freihandelsabkommen. Fazit: Sieht man von der Pharmabranche ab, scheint das Abkommen der Schweizer Wirtschaft die beim Abschluss bestehenden Hoffnungen noch nicht zu erfüllen.

Bei den Agrarprodukten zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Zwischen 2012 und 2017 konnte der Anteil am gesamten Export nach China auf 1.2 Prozent verdoppelt werden. Hauptverantwortlich dafür ist die reissende Absatzentwicklung von Babynahrung. Gemeinsam mit Kaffee und Schokolade macht diese über 70 Prozent der Lebensmittelexporte aus. Diese positive Entwicklung geht jedoch nicht auf das Freihandelsabkommen zurück, sondern in erster Linie auf den chinesischen Melamin-Skandal rund um kontaminierte Babynahrung. Dementsprechend nahm der Absatz bereits mit dem Beginn des Melamin-Skandals im Jahr 2008 stetig zu.

Die Entwicklung beim Käse mutet auf den ersten Blick ebenfalls positiv an. Während das Exportwachstum vor dem Abkommen jährlich rund 8.5 Prozent betrug, konnte die Menge danach um 60 Prozent gesteigert werden. Diese Entwicklung basiert aber leider nicht auf der steigenden Nachfrage zahlungskräftiger Chinesen nach Gruyère, Emmentaler oder Appenzeller. Vielmehr handelt es sich dabei um billigen, austauschbaren Reib- und Pulverkäse. Mit einem Durchschnittspreis von 4.26 Franken pro Kilo bringen diese Exporte den Milchbauern keinen Mehrwert, sondern drohen dem Image des Schweizer Käses sogar zu schaden. Fazit: Aus Sicht der Schweizer Landwirtschaft hat der Freihandel mit China zwar keinen Schaden gebracht, der prophezeite Nutzen blieb aber bisher aus.

Der SBV will nun die Gründe für den harzigen Absatz von Qualitätskäse vertiefen. Erste Erkenntnisse weisen darauf hin, dass gewisse Käsesorten den Chinesen zu rezent sind. Stärker ins Gewicht fallen dürften jedoch die nicht-tarifären Handelshemmnisse Chinas wie etwa die Akkreditierung von Herstellern und Exporteuren, die Administration beim Grenzübertritt sowie die Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit.

Rückfragen

Markus Ritter

Markus Ritter

Präsident Schweizer Bauernverband
Nationalrat

Telefon 079 300 56 93
E-Mail markus.ritter@parl.ch

Beat Röösli

Beat Röösli

Schweizer Bauernverband
Leiter Internationales

Telefon 079 768 05 45
E-Mail beat.roeoesli@sbv-usp.ch

Weitere Beiträge zum Thema

Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Fragezeichen rund um das Freihandelsabkommen mit Indonesien

01.11.18 | Das Freihandelsabkommen mit Indonesien soll kurz vor dem Abschluss stehen. Das gab der Bundesrat heute bekannt. Zum konkreten Inhalt liegen aber keine Informationen vor. Wichtig aus Sicht des Schweizer Bauernverbands ist, dass der Bundesrat die roten Linien bei den sensiblen Produkten eingehalten und die Nachhaltigkeit als verbindliches Kriterium integriert hat.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Freihandel mit Mercosur ja, aber nicht um jeden Preis

29.10.18 | Die Schweiz verhandelt aktuell ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten. Die an der heutigen Medienkonferenz vorgestellte Mercosur-Koalition sagt «Ja, aber» dazu. Sie fordert, dass verbindliche Nachhaltigkeitskriterien im Freihandelsabkommen aufgenommen, die sensiblen Landwirtschaftsprodukte nicht gefährdet und der Konsumentenschutz nicht geschwächt werden.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Jetzt gilt: Keine Konzessionen für Palmöl!

25.09.18 | Das Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien – und damit das umstrittene Palmöl – standen heute auf der ständerätlichen Traktandenliste. Die kleine Kammer folgte mit einem Stichentscheid ihrer ausserpolitischen Kommission und versenkte damit eine breit abgestützte Forderung von Landwirtschaft, Konsumenten und Kantonen, Palmöl aus den Freihandelsverhandlungen auszuschliessen. Der Schweizer Bauernverband erwartet nun von Parlament und Bundesrat, dass sie die Vorbehalte ernst nehmen und keine Konzessionen eingehen.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Affentheater vor dem Bundeshaus: Petition verlangt vom Ständerat den Ausschluss von Palmöl

21.09.18 | Seit dem negativen Votum der Ständeratskommission haben aus Enttäuschung täglich 1’000 Wählerinnen und Wähler die Petition für den Ausschluss von Palmöl aus den Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien unterzeichnet. Die Initianten übergaben sie heute dem Ständerat persönlich.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Fertig mit Palmöl im Tierfutter!

12.09.18 | Der Schweizer Bauernverband hat in seinem Qualitätssicherungsprogramm QM-Schweizer Fleisch die Verwendung von Palmöl im Nutztierfutter verboten. Nun sind die Lebensmittelindustrie und das Parlament gefordert, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Fauler Kompromiss der Ständeratskommission: Palmöl-Koalition reagiert mit Petition

05.09.18 | Diese Woche hat die Ständeratskommission knapp gegen den Ausschluss von Palmöl aus dem Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien entschieden und stellt der Motion Grin eine zahnlose Kommissionsmotion entgegen. Die Palmöl-Koalition wehrt sich mit Vehemenz gegen diesen faulen Kompromiss und lanciert heute eine Petition an den Ständerat.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Österreichs EU-Beitritt: Vorbild für eine gelungene Grenzöffnung?

28.08.18 | Der Bundesrat will in der Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik anhand des österreichischen EU-Beitritts aufzeigen, wie sich Grenzöffnungen positiv auf die nationale Landwirtschaft auswirken. Der Schweizer Bauernverband hat diese Behauptung zum Anlass genommen, die Folgen des EU-Beitritts für die österreichische Landwirtschaft einer umfassenden Analyse zu unterziehen. Dabei kommt er zum Schluss, dass Österreichs Landwirtschaft als Erfolgsbeispiel für eine Grenzöffnung wenig taugt.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Mercosur: Es geht um mehr als Steaks aus Argentinien

18.06.18 | Das angepeilte Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten ist in aller Munde. Der Schweizer Bauernverband hat sich mit den aktuellen Handelsströmen sowie den Vor- und Nachteilen eines Abkommens befasst und diese in einem Bericht zusammengestellt. Er hält ein für alle akzeptables Ergebnis für durchaus realistisch, sofern der Wille dazu besteht.

Mehr lesen