Hauptinhalt
Freihandel mit China: Wann kommt der Erfolg?
Vor vier Jahren trat das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China in Kraft. Eine Analyse des Schweizer Bauernverbands zum Nutzen für die Gesamtwirtschaft, den Agrarhandel sowie den Käseexport gelangt zu ernüchternden Ergebnissen. Zur Versachlichung der Debatte über weitere Freihandelsabkommen entschied der Vorstand des Schweizer Bauernverbands, diese Fakten in einem Bericht zu veröffentlichen.
2013 gelang dem Bundesrat, was in Kontinentaleuropa bis dahin noch keiner seiner Amtskollegen vollbracht hatte: Er schloss ein Freihandelsabkommen mit der globalen Wirtschaftsmacht China ab. Vier Jahre nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2014 stellt sich die Frage, ob der erwartete Exportboom eingetreten ist. Der Schweizer Bauernverband (SBV) nahm die Entwicklung der Gesamtexporte und jener der Agrarprodukte unter die Lupe und fasste die Erkenntnisse in einem kurzen Bericht zusammen.
Über alles hinweg gesehen, stiegen die Exporte nach China (mit dem bilanzverzerrenden Goldhandel) zwischen 2012 und 2017 um 47 Prozent. Am stärksten legte die Pharmabranche zu. Während der Pharmasektor seinen Anteil verdoppeln konnte, büssten sowohl der Maschinensektor als auch die Uhrenindustrie sogar Anteile ein. Zudem lassen sich die höchsten Wachstumsraten vor 2014 feststellen. Das legt den Schluss nahe, dass die Konjunktur in China sowie der Wechselkurs entscheidender zur Handelsentwicklung beitrugen, als das eigentliche Freihandelsabkommen. Fazit: Sieht man von der Pharmabranche ab, scheint das Abkommen der Schweizer Wirtschaft die beim Abschluss bestehenden Hoffnungen noch nicht zu erfüllen.
Bei den Agrarprodukten zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Zwischen 2012 und 2017 konnte der Anteil am gesamten Export nach China auf 1.2 Prozent verdoppelt werden. Hauptverantwortlich dafür ist die reissende Absatzentwicklung von Babynahrung. Gemeinsam mit Kaffee und Schokolade macht diese über 70 Prozent der Lebensmittelexporte aus. Diese positive Entwicklung geht jedoch nicht auf das Freihandelsabkommen zurück, sondern in erster Linie auf den chinesischen Melamin-Skandal rund um kontaminierte Babynahrung. Dementsprechend nahm der Absatz bereits mit dem Beginn des Melamin-Skandals im Jahr 2008 stetig zu.
Die Entwicklung beim Käse mutet auf den ersten Blick ebenfalls positiv an. Während das Exportwachstum vor dem Abkommen jährlich rund 8.5 Prozent betrug, konnte die Menge danach um 60 Prozent gesteigert werden. Diese Entwicklung basiert aber leider nicht auf der steigenden Nachfrage zahlungskräftiger Chinesen nach Gruyère, Emmentaler oder Appenzeller. Vielmehr handelt es sich dabei um billigen, austauschbaren Reib- und Pulverkäse. Mit einem Durchschnittspreis von 4.26 Franken pro Kilo bringen diese Exporte den Milchbauern keinen Mehrwert, sondern drohen dem Image des Schweizer Käses sogar zu schaden. Fazit: Aus Sicht der Schweizer Landwirtschaft hat der Freihandel mit China zwar keinen Schaden gebracht, der prophezeite Nutzen blieb aber bisher aus.
Der SBV will nun die Gründe für den harzigen Absatz von Qualitätskäse vertiefen. Erste Erkenntnisse weisen darauf hin, dass gewisse Käsesorten den Chinesen zu rezent sind. Stärker ins Gewicht fallen dürften jedoch die nicht-tarifären Handelshemmnisse Chinas wie etwa die Akkreditierung von Herstellern und Exporteuren, die Administration beim Grenzübertritt sowie die Vorschriften zur Lebensmittelsicherheit.
Rückfragen
Markus Ritter
Präsident Schweizer Bauernverband
Nationalrat
Telefon 079 300 56 93
E-Mail markus.ritter@parl.ch
Beat Röösli
Schweizer Bauernverband
Leiter Internationales
Telefon 079 768 05 45
E-Mail beat.roeoesli@sbv-usp.ch