Hauptinhalt

Fairer Handel: Wo ein Wille ist, geht es

Medienmitteilung des Schweizer Bauernverbands vom 03. Januar 2018

Der Schweizer Bauernverband stellte an der Neujahrsmedienkonferenz auf einem Milchbetrieb in Derendingen seinen Situationsbericht zum Thema „Fairer Handel – in der Schweiz und weltweit“ vor. Fazit: Eine nachhaltige Landwirtschaft ist zu Weltmarktpreisen nicht zu haben. Verschiedene Beispiele im Kleinen beweisen, dass faire Produzentenpreise und Handelsbeziehungen dem Erfolg am Markt nicht im Weg stehen. Es besteht Handlungsbedarf!

Wer Fair Trade hört, denkt zunächst an Bananen und Max Havelaar. Zu Recht, denn jede zweite in der Schweiz verkaufte Banane ist mit dem Fair Trade-Label ausgezeichnet. Doch das Erfolgsbeispiel Banane ist die grosse Ausnahme. Die Masse der landwirtschaftlichen Rohstoffe leidet global unter extrem tiefen Produzentenpreisen und keineswegs fairen Bedingungen. In seinem diesjährigen Situationsbericht befasst sich der Schweizer Bauernverband mit dem Thema „Fairer Handel – in der Schweiz und weltweit“.  

Produzenten am Erfolg teilhaben lassen
„Fairer Handel ist auch in der Schweiz je länger je mehr ein wichtiges Thema. Tiefe Produzentenpreise und zu tiefe Einkommen führen dazu, dass viele Landwirte und Bäuerinnen sich lieber anderswo eine Arbeit suchen“, erläuterte SBV-Direktor Jacques Bourgeois an der Medienkonferenz auf dem Milchwirtschaftsbetrieb von Urs Guggisberg und Nicole Hälg in Derendingen (SO) die aktuelle Situation. Denn in der Milchwirtschaft ist der Strukturwandel besonders gross. Die Gastgeber haben das Glück, dass sie ihre Milch der in der Umgebung tätigen Molkerei Lanz liefern können. Sie erzielen dafür einen 7 bis 8 Rappen höheren Milchpreis als der Schnitt der Molkereimilchproduzenten der Schweiz. Für Urs Guggisberg und seine Frau Nicole Hälg eine privilegierte Lage: „Die langfristig gute Zusammenarbeit mit der Molkerei Lanz hat es uns erlaubt, in die Milchwirtschaft zu investieren und vor sieben Jahren einen neuen Stall zu bauen.“ Viele ihrer Berufskollegen leben von der Substanz und können sich keine Investitionen leisten. Sie hingegen konnten unterdessen auch in eine Belüftung und Tierdusche investieren, damit sich ihre Kühe an heissen Sommertagen wohler fühlen. Die Molkerei Lanz ist mit 64 Mitarbeitenden in Obergerlafingen ansässig und ist vor allem auf Joghurts spezialisiert. „Uns ist es wichtig, dass auch die Milchproduzenten ihren Anteil haben, wenn die Konsumenten unsere Produkte auch zu höheren Preisen kaufen“, erklärte Geschäftsführer und Inhaber Andreas Lanz. 

Unfaire Einkommensverteilung ist die Norm
Der Schweizer Markt als Ganzes ist davon weit entfernt: Die Einkommen entlang der Wertschöpfungskette sind extrem unterschiedlich. Martin Rufer, Leiter Produktion, Märkte und Ökologie beim Bauernverband unterstreicht: „Die Bauern investieren die meisten Stunden für den geringsten Verdienst. Das widerspiegelt sich auch am Anteil der Landwirtschaft am Konsumentenfranken: So machen die Kosten für das Getreide zwischen 6 und 11 Prozent des Preises eines Brots aus.“ Es brauche in den Wertschöpfungsketten ein Umdenken. „Heute stehen in den Verhandlungen oft Qualitätsaspekte und Lieferbedingungen im Zentrum.  Künftig muss auch das Element Fairness, das heisst eine faire Verteilung der Wertschöpfung in den Verhandlungen und den Abnehmerbeziehungen eine Rolle spielen“. Im Situationsbericht zeigt der Bauernverband weitere Beispiele für faire Zusammenarbeit in der Schweiz auf und auch mögliche Wege für die Bauernfamilien auf: Diese können mit mehr Direktverkauf sowie kürzeren Wegen zum Konsumenten oder dem Aufbau von entsprechenden Genossenschaften und Labeln versuchen, ihren Anteil am Konsumentenfranken zu erhöhen.

Von der Nische zur Masse
Die grosse Menge wenig differenzierbarer Produkte, die an die grossen Abnehmer gehen, bleiben aber Sorgenkinder. In diesen Märkten sind Transparenz, eine glaubwürdige Deklaration und eine konsequente Umsetzung der Swissness-Bestimmungen zentral, damit die Landwirtschaft an der Wertschöpfung partizipieren kann. „Gerade in diesen Märkten wäre die Umsetzung des Fairness-Gedanken wichtig“, unterstrich Präsident Markus Ritter. „Gefragt sind grundsätzlich angemessene Preise, welche die Kosten decken und Investitionen in die Zukunft erlauben. Dafür braucht es ein Umdenken in der gesamten Branche.“

Fairer Handel statt Freihandel
Die Banane beweist, dass es möglich ist, mit fairem Handel und gerechten Produzentenpreisen auch den Massenmarkt zu erobern. Viel Überzeugungsarbeit, zahlreiche sensible Konsumenten und viele Jahre waren nötig, um die Banane dorthin zu bringen, wo sie heute ist. „Fairer Handel, sprich faire Produzentenpreise, sind die Voraussetzung für eine nachhaltige, umweltschonende und tierfreundliche Landwirtschaft “, ist Adèle Thorens, Nationalrätin der Grünen, überzeugt. Mit der Fair-Food-Initiative will ihre Partei dafür sorgen, dass sich die Schweiz für bessere Bedingungen für die Bauern auf der ganze Welt einsetzt. „Das ist auch der Auftrag des neuen Verfassungsartikels 104a. Beim Punkt zum grenzüberschreitenden Handel steht explizit geschrieben, dass dieser zu einer nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen muss.“ Der gemeinsame Appell lautet: Fairer Handel statt Freihandel. Eine in allen drei Belangen nachhaltige Landwirtschaft ist zu Weltmarktpreisen nicht zu haben. Die Schweiz, ihre Regierung und auch ihre Unternehmen der Lebensmittelbranche stehen in der Verantwortung.

Rückfragen

Markus Ritter

Markus Ritter

Präsident Schweizer Bauernverband
Nationalrat

Telefon 079 300 56 93
E-Mail markus.ritter@parl.ch

Adèle Thorens

Die Grünen
Nationalrätin
Mitinitiantin der Fair Food-Initiative der Grünen

Telefon 079 478 90 05

Andreas Lanz

Molkerei Lanz, Obergerlafingen
Geschäftsführer & Mitinhaber

Telefon 032 674 42 42

Urs Guggisberg & Nicole Hälg

Milchproduzenten und Gastgeber
Derendingen

Telefon 032 681 03 10

Weitere Beiträge zum Thema

Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Erneut rückläufige Einkommen: Es gibt grossen Handlungsbedarf!

19.11.24 | Die heute von Agroscope veröffentlichten Einkommenszahlen der Schweizer Landwirtschaft zeigen ein ernüchterndes Bild. Nach dem bereits kritischen Vorjahr ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst mit 54’800 Franken pro Familienarbeitskraft zum zweiten Mal in Folge rückläufig. Die vom Bundesrat vorgesehenen Kürzungen in der Landwirtschaft beim Agrarbudget 2025 und Zahlungsrahmen 26-29 sind daher völlig unangebracht.

Mehr lesen
Stellungnahmen Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zum Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte.»

18.11.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zum Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zum Importverbot für tierquälerisch erzeugte Pelzprodukte.»

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Die Finanzkommission lehnt unberechtigte Sparmassnahmen bei der Landwirtschaft ab

14.11.24 | Der Vorstand des Schweizer Bauernverbands lehnt die Umweltverantwortungsinitiative ab, die am 9. Februar 2025 zur Abstimmung kommt. Er sagt auch Nein zur Vegi-Initiative und spricht sich gegen einen Gegenvorschlag aus.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Nein zur Umweltverantwortungs- und Vegi-Initiative

07.11.24 | Der Vorstand des Schweizer Bauernverbands lehnt die Umweltverantwortungsinitiative ab, die am 9. Februar 2025 zur Abstimmung kommt. Er sagt auch Nein zur Vegi-Initiative und spricht sich gegen einen Gegenvorschlag aus.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Zwiespältige Beurteilung des Verordnungspakets

06.11.24 | Das Verordnungspaket 2024 bringt einige Neuerungen mit sich. Aus Sicht des SBV beinhaltet es positive wie negative Elemente.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Agrarpolitik: Komplexität reduzieren!

01.11.24 | Die Komplexität des agrarpolitischen Systems hat ein untragbares Ausmass erreicht. Mit dem runden Tisch «Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben» stösst Bundesrat Guy Parmelin deshalb eine wichtige Diskussion an. Für den Schweizer Bauernverband ist klar: Bei den Kontrollen anzusetzen ist gut, es reicht aber nicht. Für eine wirksame Entlastung der Bauernfamilien braucht es zeitnahe Vereinfachungen auf allen Stufen.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Kommission lehnt unberechtigte Sparmassnahmen bei der Landwirtschaft ab

29.10.24 | Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats will keine Sparmassnahmen bei der Landwirtschaft in den Jahren 2026 bis 2029. Der Schweizer Bauernverband ist erleichtert über diesen Entscheid.

Mehr lesen
Stellungnahmen Stellungnahme zu 18.455 n Pa. Iv. Grossen Jürg. Selbstständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen

28.10.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur 18.455 n Pa. Iv. Grossen Jürg. Selbstständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen.

Mehr lesen