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Patente auf Pflanzen und Tiere
Ausgangslage
In den letzten 10 bis 15 Jahren gab es eine leichte aber stetig steigende Anzahl von Patentanträgen auf Pflanzen, teilweise auch auf konventionell gezüchtete Sorten. Jedoch ist der Patentanstieg im Bereich der Pflanzenzüchtung geringer als in anderen technischen Bereichen. Patentieren lassen sich gemäss Patentgesetz Erfindungen, die ein Produkt oder ein Verfahren darstellen. Voraussetzung ist, dass die Erfindung ein Problem auf neue, nicht naheliegende und auf technische Weise löst. Zudem muss die Erfindung gewerblich nutzbar, durchführbar und die Durchführung wiederholbar sein. Neue Pflanzeneigenschaften sind patentierbar, wenn sie mittels mikrobiologischen oder technischen Verfahrens hergestellt wurden und die obigen Kriterien erfüllen. Im Bereich Pflanzenzüchtung hat das Europäische Patentamt («EPA») in den letzten zwanzig Jahren mehr als 200 Patente erteilt. Einige Fälle wurden in den Medien und von NGOs, Saatzucht- und Bauernorganisationen heftig kritisiert und haben viele Diskussionen über die Auslegung der Patentgesetzgebung ausgelöst. Beschwerden wurden eingereicht, da gemäss europäischem Patentübereinkommen («EPÜ») Pflanzensorten oder Tierrassen, sowie „im Wesentlichen biologische Verfahren“ zur Züchtung von Pflanzen und Tieren nicht patentierbar sind. Allerdings ist das, was vom EPA als „im Wesentlichen biologisch“ definiert wird, nicht in Übereinstimmung mit dem, was im Allgemeinen unter konventioneller Züchtung (im Gegensatz zu Gentechnik) verstanden wird.
Patent vs. Sortenschutz
Patente sollen einen Anreiz für Innovation und Erfindungen liefern, indem eine Erfindung geschützt wird. Neue Erfindungen können mittels Patents für 20 Jahre geschützt werden. In diesem Zeitraum profitieren die Patentinhaber konkurrenzlos von der eigenen Erfindung. Allerdings muss in der Patentschrift die Erfindung offengelegt werden, wodurch die Konkurrenz während dieser Zeit das Wissen zur Entwicklung von eigenen Innovationen nutzen kann. In der Landwirtschaft kennt man das Sortenschutzgesetz, das den Schutz des geistigen Eigentums von neuen Sorten gewährleistet und auf die Besonderheiten der Saatgutzüchtung eingeht. Im Sortenschutz ist vorgesehen, dass nur die Sorte als solche geschützt wird. Der Schutz bei einem Patent kann viel weiter gehen, indem ein Züchtungsverfahren oder eine spezifische neue Eigenschaft einer Sorte geschützt werden kann, z.B. eine Resistenz gegenüber einem spezifischen Schädling. Will ein anderer Züchter diese patentierte Eigenschaft vermarkten, muss er dem Patentinhaber Lizenzgebühren zahlen. Dabei sind Sorten per se nicht patentierbar, sondern nur Eigenschaften unter bestimmten Voraussetzungen.
Tabelle 1: Vergleich Patentierung vs. Sortenschutz
| Sortenschutzgesetz | Patentgesetz |
Geschützt wird | Sorte | Technische Erfindung bzw. in Verbindung mit einer Eigenschaft |
Erfordernisse | Neu Homogen Beständig Unterscheidbar | Absolute Neuheit Gewerblich anwendbar Erfinderische Tätigkeit (nicht nahliegend) Genügende Offenbarung der Erfindung Mit im wesentlichen technischen Verfahren hergestellt Ausführbar (und nicht mit im Wesentlichen biologische Verfahren) |
Schutzdauer | 25 bzw. 30 Jahre (Bäume & Reben) | 20 Jahre |
Züchterprivileg | Züchtung und Vermarktung ohne Zustimmung, es sei denn es handelt sich um eine im Wesentlichen abgleitet Sorte | Züchtung ohne Zustimmung, für Vermarktung Zustimmung notwendig, wenn die patentierte Eigenschaft immer noch in der neuentwickelten Sorte enthalten ist (u.U. Lizenzgebühr) |
Landwirteprivileg | Ja | Ja |
Herausforderungen der Patentierung
Zentrale Problematik ist, dass der Züchter nicht in jedem Fall weiss, in welchem Ausgangsmaterial patentiertes Material drin ist, da in der Patentschrift die Erfindung beschrieben wird und somit nicht klar ist, in welcher Sorte das patentierte Material enthalten ist. Die Informationsbeschaffung für den Züchter ist aufwändig und für den Nicht-Patentexperten nicht immer einfach bis unmöglich, es gibt aktuell keine ausreichende Transparenz. Dass führt dazu, dass die Auswahl an Ausgangsmaterial, das der Züchter verwendet, viel kleiner wird, denn im Zweifelsfall lässt ein Züchter die Finger von einem möglicherweise patentgeschützten Material.
Die sich in der Umsetzung befindende Motion 22.3014 «Mehr Transparenz bei den Patentrechten im Bereich Pflanzenzucht» hat zum Ziel, die Transparenz zu erhöhen. Für den Züchter soll einfacher ersichtlich werden, in welchen Sorten eine patentierte Eigenschaft vorliegt. Dies ist insbesondere hinsichtlich einer allfälligen Lockerung bei den Neuen Züchtungsverfahren bzw. beim Gentechnik-Moratorium wichtig.
Position SBV
Patente könnten die Tier- und Pflanzenzucht in Zukunft stark einschränken. Die Züchtung von neuen Sorten und Rassen ist für die Schweizer Landwirtschaft in jeder Hinsicht essenziell. Nur so werden auch in Zukunft leistungsfähige sowie angepasste Sorten und Rassen zur Verfügung stehen, welche den Ansprüchen von Landwirtschaft und Gesellschaft gerecht werden.
Der SBV ist deswegen klar gegen die Patentierung von Saatgut und Tieren. Die Patentierung von Tools oder Verfahren zur Züchtung, welche die Patentbedingungen erfüllen, schätzt der SBV hingegen als sinnvoll ein, da dadurch Innovation gefördert wird. Um jedoch die Arbeit des Züchters zu schützen, erachtet er das Sortenschutzgesetz als geeigneter als die Patentierung. Das Sortenschutzgesetz wurde für die Besonderheiten in der Pflanzenzucht entwickelt und geht spezifisch auf diese ein.
Kontaktperson
Marion Ramp
Fachverantwortliche Pflanzenzüchtung, Ernährung, Nährstoffe, geistiges Eigentum, Nischenkulturen, Biolandbau
Belpstrasse 26, 3007 Bern
marion.ramp@sbv-usp.ch
Departement Produktion, Märkte & Ökologie
Geschäftsbereich Pflanzenbau