Hauptinhalt

Wir sind das Schlusslicht Europas beim Pflanzenschutz

Standpunkt vom 12. April 2024

Gelb leuchten sollten sie jetzt - die Rapsfelder. Doch statt sattem Gelb gibt es viel Grün zu sehen. Der Grund liegt am enormen Befall des Rapsglanzkäfers. Trotz 2 bis 3 Behandlungen mit einem Insektiziden lässt sich dieser nicht mehr ausreichend kontrollieren. Das Problem ist zu einem guten Stück hausgemacht. In den letzten Jahren haben wir in der Schweiz rund einen Drittel aller Pflanzenschutzmittelwirkstoffe verloren. Zwei Drittel der Insektizide gegen Rapsschädlinge sind unterdessen verboten, ohne dass die Behörden wirksame Alternativen zur Verfügung gestellt haben. Auch die Saatbeizmittel sind weg. 

Mit ein Grund dafür ist unser völlig festgefahrenes Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel. Es stauen sich gegen 770 Produkte bei der Zulassungsstelle und auch die Wartedauer ist rekordverdächtig. In einigen Fällen beträgt sich schon 8 Jahre. Nach massivem Druck bekamen die Umweltverbände vor einigen Jahren ein umfassendes Mitsprachrecht eingeräumt, wie man das in Europa sonst nicht kennt. Die Folgen dieser Rosskur sind auf den Feldern inzwischen überall sichtbar. Es fehlen Lösungen gegen Drahtwurm, Kirschessigflieg oder die Baumwollkapseleule, welche die Ernten ganzer Kirschenanlagen, Bohnen- und Zuckermaisfeldern vernichten. Aber auch Lücken bei Herbiziden machen zu schaffen. Problemungräser und Unkräuter breiten sich immer weiter aus. Dass es so nicht weitergehen kann, ist inzwischen auch dem Bund klar.

In einem Zwischenbericht zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz stellte das Bundesamt für Landwirtschaft fest, dass nur zwei der drei Hauptziele erreicht werden: Schutz der Umwelt und des Menschen. Beim dritten Ziel, dem Schutz der Kulturen, zeigt sich statt einer Verbesserung eine Verschlechterung. Der Bund schlägt deshalb eine Revision der Pflanzenschutzmittelverordnung vor. Der Vorschlag löst die dringlichen Probleme der Praxis hingegen in keiner Weise. Er sieht im Grundsatz nur eine Erhöhung des Personalbestandes um 6 auf 52 (!!) Vollzeitstellen vor. Das Grundproblem – der völlig blockierte und inneffiziente Zulassungsprozess – bleibt ungelöst. Darum schlagen wir vor, für den Pflanzenschutz das gleiche Verfahren einzuführen, wie es schon viele Jahre erfolgreich für Biozide praktiziert wird. Dort übernimmt die Schweiz schon seit je her die Zulassungsentscheide der EU – ohne dass sich jemals jemand darüber aufgeregt hätte und es zu untragbaren Eingeständnissen gegenüber der Umwelt gekommen wäre. Ein Drittel aller Pflanzenschutzmittel haben auch eine Zulassung als Biozid. Sobald sie nur als Pflanzenschutzmittel gelten, sind sie benachteiligt. Bis vor wenigen Jahren lobten die Umweltverbände den Zulassungsprozess in der EU in den höchsten Tönen. Heute wollen sie davon nicht mehr wissen. Die Schweiz soll aber weiterhin alles sofort und ohne eigene Überprüfung verbieten, wenn die EU es tut. Kommen neue Produkte auf den Markt, müssen sie Jahrelang auf ihre Zulassung in der Schweiz warten. 

Verlieren tut am Ende die pflanzliche Produktion in der Schweiz – genau jener Bereich, den die Behörden, das Parlament und auch Umweltverbände dringend fördern möchten. 

Autor

David Brugger

Schweizer Bauernverband
Leiter Geschäftsbereich Pflanzenbau

Telefon 077 438 90 88
E-Mail david.brugger@sbv-usp.ch

Weitere Beiträge zum Thema

SBV-News
SBV-News SBV-News Nr. 41-2024

14.10.24 | Coop erhöht wegen schlechter Ernte die Brotpreise. Das ist eine unpassende Begründung. Die Richtpreiserhöhung um 1.5 Fr./100 kg steht nicht im Zusammenhang mit den Ernten und beträgt gerade mal 2 Rp./kg Brot.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Landwirtschaft hat ihren Beitrag geleistet

09.10.24 | Der Bund muss sparen. Im Visier hat er auf drei verschiedenen Ebenen auch die Landwirtschaft: Beim Budget 2025, beim landwirtschaftlichen Zahlungsrahmen 2026-29 und bei der generellen Sanierung des Bundeshaushalts. Die Landwirtschaft wehrt sich entschieden dagegen. Ihre Ausgaben sind seit Jahrzehnten nominal stabil, ihr Anteil an den Bundesausgaben sinkend, die Auflagen steigend und die Einkommen der Bauernbetriebe bereits besorgniserregend tief.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News SBV-News Nr. 40-2024

08.10.24 | Das BLV zieht sechs Wirkstoffe zurück, darunter Asulam und Spirotetramat, was zu Lücken im Pflanzenschutz führt. Der SBV warnt vor negativen Folgen für den Schutz der Kulturen und Resistenzbildung.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News SBV-News Nr. 39-2024

30.09.24 | Der SBV und die ETH haben sich für einen Austausch getroffen. Der SBV hat die Bedürfnisse im Bereich der Forschung und der Ausbildung dargelegt. Der Dialog war sehr konstruktiv.

Mehr lesen
Stellungnahmen Vernehmlassungsverfahren für Verpflichtungskredit für die Abgeltung von Leistungen des regionalen Personenverkehrs

25.09.24 | Vernehmlassungsverfahren für Verpflichtungskredit für die Abgeltung von Leistungen des regionalen Personenverkehrs

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News SBV-News Nr. 38-2024

24.09.24 | 63% der an der Abstimmung Teilnehmenden und 24 von 26 Ständen sagten Nein zu Biodiversitätsinitiative. Damit wurde die innert vier Jahren die dritte Abstimmung bachab geschickt, welche die Lebensmittelproduktion in der Schweiz eingeschränkt und Importe angekurbelt hätte. Es ist nun dringend nötig, dass dieses Votum zugunsten der einheimischen Produktion auch in den Bundesämtern und in der Politik ankommt: Die weitere Verlagerung des ökologischen Fussabdrucks ins Ausland ist keine Option!

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Ein Votum für die nachhaltige inländische Produktion

22.09.24 | 63 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung sagt Nein zur extremen Biodiversitätsinitiative. Damit ist diese klar gescheitert. Die Nein-Allianz ist erleichtert. Eine Annahme hätte weitgehende negative Auswirkungen auf die nachhaltige einheimische Lebensmittel-, Energie und Holzproduktion gehabt, das Bauen erschwert sowie die Weiterentwicklung des Berggebiets und der Tourismusregionen behindert. Die heutigen Verfassungs- und Gesetzesgrundlagen bilden eine ausreichende Grundlage zur Förderung der biologischen Vielfalt. Das Nein zur Initiative ist also kein Nein zur Biodiversität.

Mehr lesen
Stellungnahmen Vernehmlassungsverfahren zum CO2-Gesetz

20.09.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zum Vernehmlassungsverfahren zum CO2-Gesetz

Mehr lesen