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Zersiedelungsinitiative: Zu extrem geraten

Standpunkt vom 14. Januar 2019

Die Zersiedelungsinitiative will die Siedlungsentwicklung lenken, indem die Bauzone auf die heutige Fläche beschränkt wird. Einzonung von Bauland soll nur mehr dann möglich sein, wenn eine gleichwertige Fläche in die Landwirtschaftszone zurückgezont wird. Ausserhalb der Bauzone sollen nur Bauten von öffentlichem Interesse und der bodenabhängigen Landwirtschaft erlaubt sein.

Der Schweizer Bauernverband teilt grundsätzlich das Anliegen der Volksinitiative, das Kulturland besser zu schützen. Dennoch lehnt er sie ab, weil sie zu extrem ist und der Realität nicht gerecht wird: Wirtschaft und Bevölkerung wachsen weiter und brauchen Platz. Bestraft wären mit der Zersiedelungsinitiative vor allem jene Gemeinden, welche bisher zurückhaltend waren und nicht übermässige Landreserven bereits eingezont haben. Die innere Verdichtung des bestehenden Siedlungsraumes ist wichtig und richtig, aber auch sie stösst irgendwann an Grenzen. Ein gewisser Spielraum für Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung wird weiterhin nötig sein. Gerade auch im ländlichen Raum braucht es gewisse Entwicklungsmöglichkeiten für die regionale Wirtschaft und die Wohnqualität. Dass die Initiative eine Besitzstandsgarantie für bereits bestehende Bauten enthält, werten wir positiv. Auch dass sie die Landwirtschaft ausserhalb der Bauzone als zonenkonform einschätzt und ihr eine Vorrangstellung einräumt. Diese beschränkt sich aber auf die bodenabhängige Produktion, während die bodenunabhängige Produktion nur noch als Ausnahme bewilligt werden könnte. Die Abgrenzung zwischen Bodenabhängigkeit und Bodenunabhängigkeit ist in der Praxis schwierig und umstritten. Diese Einteilung auf Verfassungsebene macht für die Landwirtschaft deshalb keinen Sinn.

Die erste Etappe der Raumplanungsrevision hat sich dem Problem des übermässigen Landverschleisses bereits angenommen und Antworten gegeben. Hier zeigt sich: Wichtiger als ein radikales Einzonungsverbot ist der Vollzug. Wenn Kantone und Gemeinden sich an die neuen Gesetzesgrundlagen halten, lässt sich der Kulturlandverbrauch massiv reduzieren. Statt einem absoluten Schutz stehen für uns der gesunde Menschenverstand und das gute Prüfen von Alternativen im Vordergrund. Klar ist, das beste Kulturland muss vom Bagger wo immer möglich verschont bleiben. Hier sind die Gemeinden und Kantone sehr wohl gefordert!

Auch wenn der Schweizer Bauernverband die Zersiedelungsinitiative ablehnt, setzt er sich weiterhin für einen haushälterischen Umgang mit dem Kulturland ein. Denn die neuesten Resultate der Arealstatistik zeigen, dass weiterhin rund 0.7m2 Kulturland pro Sekunde verloren gehen. Angesichts des bereits tiefen Selbstversorgungsgrades der Schweiz von netto rund 50 Prozent ist dies bedenklich. Die grössten Landverluste werden gemäss Arealstatistik nach wie vor durch die Siedlungserweiterung, die öffentlichen Infrastrukturbauten und durch die ungebremste Ausbreitung des Waldareals verursacht. Es bleibt noch viel zu tun, die Zersiedelungsinitiative ist aber nicht die richtige Antwort auf das Problem.

Autor

Markus Ritter

Markus Ritter

Nationalrat, Präsident SBV

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