Hauptinhalt

Agrarpolitik 22+: Ernährungswirtschaft als Ganzes anschauen

Standpunkt vom 27. November 2020

In der anstehenden Wintersession berät der Ständerat die Agrarpolitik 22+. Diese Vorlage ist für die Landwirtschaft von grosser Bedeutung. Der Schweizer Bauernverband lehnt sie insbesondere deshalb ab, weil sie eine Reduktion des landwirtschaftlichen Sektoraleinkommens um 265 Millionen Franken und eine Senkung des Selbstversorgungsgrads auf 52% zur Folge hätte. Er stellt sich aber nicht grundsätzlich gegen eine sinnvolle Weiterentwicklung. Damit sich Nachfrage und Angebot nicht auseinanderentwickeln, ist dafür aber ein ganzheitlicherer Ansatz nötig.

Die Mehrheit der vorberatenden Kommission sieht im bundesrätlichen Vorschlag der Agrarpolitik 22+ ebenfalls keine brauchbare Basis für eine Weiterentwicklung der Agrarpolitik. Sie beantragt deshalb deren Sistierung. Ergänzend dazu beschloss sie ein Kommissionspostulat zur zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Das Postulat greift wichtige Punkt auf. Es verlangt einerseits eine Aufrechterhaltung des Selbstversorgungsgrades und dass die künftige Agrarpolitik den Bauernfamilien eine wirtschaftliche Perspektive bietet. Andererseits verlangt das Postulat, dass die heute sehr einseitig auf die Landwirtschaft fokussierte Agrarpolitik in Richtung einer glaubwürdigen Ernährungspolitik umzubauen ist. Weiter sollen die Nährstoffkreisläufe über die gesamte Wertschöpfungskette inklusive Konsum angegangen werden. Und schliesslich ist es das Ziel, die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Inlandproduktion und Importen aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Vorschriften zu vermindern.

Diese Fokusänderung ist dringend nötig. Bis jetzt hat die Agrarpolitik stets nur die Landwirtschaftsbetriebe im Visier. Mit unterschiedlichsten Massnahmen greift die Politik in die landwirtschaftliche Produktion ein. Die übrigen Stufen der Wertschöpfungskette und die Importe bleieben ausgeblendet. Das hat dazu geführt, dass mittlerweile drei Viertel der mit dem Konsum verbundenen Umweltauswirkungen im Ausland anfallen.

Wir erachten die über das Postulat geforderte Erweiterung der Agrarpolitik hin zu einer umfassenden Ernährungspolitik als Chance für langfristige Verbesserungen, sowohl bei den Umweltauswirkungen der Landwirtschaft wie auch für die wirtschaftliche Situation der Betriebe selbst. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass Organisationen der Verarbeiter und Detailhändler das Postulat ablehnen. Offenbar kommt es ihnen nicht gelegen, dass künftig die Wertschöpfungskette und der Konsum als Ganzes ins Visier der Politik geraten. Auch der Bundesrat lehnt das Postulat ab. Offenbar geht es auch ihm einfacher, mit dem Finger auf die Landwirtschaftsbetriebe zu zeigen, statt sinnvollerweise eine gesamtheitliche Ernährungspolitik zu erarbeiten. 

Hoffentlich folgt der Ständerat seiner vorberatenden Kommission, sistiert die AP22+ und beschliesst das Postulat – ich bin optimistisch!

Autor

Martin Rufer

Martin Rufer

Direktor Schweizer Bauernverband

Laurstrasse 10, 5201 Brugg
martin.rufer@sbv-usp.ch

Weitere Beiträge zum Thema

Medienmitteilungen
Verbot von Klon-Genetik gilt und wird kontrolliert

08.11.22 | Bei den Kontrollen von QM-Schweizer Fleisch wird auch überprüft, ob Klon-Genetik eingesetzt worden ist. Einige wenige Betriebe haben die entsprechenden Vorgaben missachtet.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 44

08.11.22 | Der Bundesrat hat die Anpassungen zum Verordnungspaket 2023 veröffentlicht. Einige Forderungen des SBV z.B. im Bereich des bäuerlichen Bodenrechts oder der Milchpreisstützungsverordnung wurden aufgenommen.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 43

31.10.22 | Die Wetterbedingungen in diesem Herbst sind optimal: Einerseits für den Anbau, andererseits aber auch für das Graswachstum, das sich nach der Trockenheit im Sommer erholt hat. Es bleibt zu hoffen, dass diese Bedingungen noch einige Tage anhalten, um die Wintervorräte zu schonen. Zudem hilft das milde Wetter beim Energiesparen, was uns angesichts der drohenden Stromknappheit gelegen kommt.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 42

24.10.22 | Der Schweinemarkt ist noch immer unter Druck. Die provisorische Schlachtviehstatistik vom September zeigt noch keine Anzeichen für eine Verbesserung der Situation auf dem Schweinemarkt.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Ernährungssicherheit ist nicht (mehr) selbstverständlich

19.10.22 | Neun deutschsprachige Bauernverbände tauschten sich über die gemeinsamen Herausforderungen aus und verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Ernährungssicherheit durch die eigene Landwirtschaft.

Mehr lesen
Stellungnahmen Révision partielle de quatre ordonnances du droit de la circulation routière

18.10.22 | Prise de position de l'USP sur la Révision partielle de quatre ordonnances du droit de la circulation routière

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Schafhaltung: QM-Schweizer Fleisch gewinnt an Bedeutung

17.10.22 | Immer mehr Nebenerwerbs- und Hobbyschafhalter nutzen QM-Schweizer Fleisch. Deshalb hat Agriquali ein entsprechendes Merkblatt erstellt.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 41

17.10.22 | Der Weltbauernverband setzte an seiner letzten Generalversammlung eine Task Force zum Thema Handelspolitik ein. Der SBV ist dort Mitglied und sorgt dafür, dass die Interessen der Schweizer Bauernfamilien gewahrt sind.

Mehr lesen