Hauptinhalt

Biodiversitätsförderung ohne weiteren Verlust an Produktionsflächen

Medienmitteilung des Schweizer Bauernverbands vom 11. Juli 2024

Die Biodiversität und ihr Zustand ist Thema von aktuellen Diskussionen. An einer Medienkonferenz auf dem Bauernbetrieb von Reto Pfister im aargauischen Bözen machte der Schweizer Bauernverband zusammen mit Fachleuten eine Analyse der Situation. Er beleuchtete das noch vorhandene Potential zur weiteren Förderung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft ohne zusätzlichen Verlust an Flächen für die Lebensmittelproduktion. Fazit: Die Trendwende wurde vor 30 Jahren eingeläutet und zeigt Erfolge. Im Zentrum steht die Verbesserung der Qualität der bestehenden Flächen zur Förderung der Biodiversität. 

Die Landwirtschaft braucht die Biodiversität, genauso wie die Biodiversität die Landwirtschaft braucht. Ohne sie wäre die Schweiz mit Wald bedeckt und damit viel eintöniger. Die Landwirtschaft schafft unterschiedliche Lebensräume, die es sonst nicht gäbe. Seit der Einführung der Direktzahlungen werden diese besonders biodiversen Flächen gezielt gefördert. Dazu gehören extensive Wiesen, aber auch hochstämmige Obstbäume, Blühstreifen, Brachflächen oder Ast- und Steinhaufen, die Kleintieren als Unterschlupf dienen. «Derzeit dient ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche oder mehr als 190'000 ha der Förderung der biologischen Vielfalt. Dazu kommen mehr als 200'000 ha artenreiche Wiesen im Sömmerungsgebiet», skizziert die Fachverantwortliche Diane Gossin die aktuelle Situation auf den Landwirtschaftsflächen. Die Landwirtschaft allein trage so 11 Prozent der Landesfläche zugunsten einer reichen Tier- und Pflanzenwelt bei. Die Ökoleistungen der übrigen Flächen wie Wald, Gewässer, Stein, Eis und Siedlungsgebiet sowie die vorhandenen offiziellen Naturschutzgebiete kämen extra dazu.

Freiwillige Engagements sind besonders wirkungsvoll

Es gibt viel Engagement in der Landwirtschaft, das über das gesetzliche Mindestmass hinausgeht. Die verbreiteten Label von IP Suisse oder Bio Suisse sind mit zusätzlichen Leistungen für den Schutz der Biodiversität verbunden. Dazu kommen kantonale oder regionale Engagements. So fördert beispielsweise der Kanton Aargau mit dem Programm Labiola seit 30 Jahren die Biodiversität im Kulturland. Dazu schliesst er mit interessierten Landwirtinnen und Landwirten Bewirtschaftungsvereinbarungen ab. «Inzwischen beteiligen sich zwei Drittel der Aargauer Landwirtschaftsbetriebe am Programm. Sie bewirtschaften rund 8600 Hektar ökologisch hochwertige Biodiversitätsförderflächen», erläutert der Programmverantwortliche Markus Peter. Labiola setze auf Freiwilligkeit, qualifizierte Beratung und koordinierte Umsetzung der diversen ökologischen Zielsetzungen auf dem einzelnen Betrieb. Damit wird das Potenzial der Biodiversitätsförderflächen auf dem einzelnen Betrieb optimal genutzt und die Flora und Fauna mit gezielten Massnahmen gefördert.

Trendwende ist längst eingeläutet

In einer Studie untersuchte der Biologe Marcel Züger die Situation im Kulturland und stellte darin messbare Fortschritte fest. Der Artenschwund hätte vor allem zwischen 1850 und 2000 stattgefunden. Die Neuausrichtung der Landwirtschaft vor rund 30 Jahren bremste den negativen Trend und ermöglichte verschiedene Erfolge beim Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Besonders gut untersucht seien die Vögel: «Die gefährdeten Arten der Umweltziele Landwirtschaft haben zwischen 2008 und 2023 um 46% zugenommen. Bei Pflanzen und anderen Artengruppen zeigen sich ähnliche Entwicklungen.» Die Massnahmen hätten Erfolg, das Potenzial sei aber nicht ausgeschöpft. Er rät dazu, die bestehenden Flächen in der Zusammenarbeit mit den Betriebsleitenden qualitativ aufzuwerten, statt neue Flächen aus der Produktion zu nehmen.

Dank Qualität statt Quantität die Ernährung sichern

Statt mehr Fläche, mehr Qualität auf den bestehenden Flächen. Diese Stossrichtung ist auch für Markus Ritter, den Präsidenten des Bauernverbands der richtige Weg: «Wir müssen die Themen Biodiversität und Ernährungssicherheit ganzheitlich und gleichwertig anschauen. Dabei gilt es die bereits knappen Flächen für die Lebensmittelproduktion zu sichern». Bereits heute importiere die Schweiz die Hälfte ihres Lebensmittelbedarfs. Jedes Kilo Mehrimporte bedingen zusätzliche Flächen im Ausland und verschlechtere den ökologischen Fussabdruck der Schweizerinnen und Schweizer. Damit sei der Umwelt, dem Klima und der Artenvielfalt global betrachtet nicht geholfen. Ritters Fazit bezüglich im Hinblick auf die Abstimmung im Herbst: «Die Biodiversitätsinitiative ist deshalb nicht zielführend und insofern unnötig, weil die gesetzlichen Grundlagen zur weiteren Förderung der biologischen Vielfalt bereits da sind.»

Rückfragen

Marcel Züger

Biologe & Geschäftsführer Pro Valladas
mail@pro-valladas.ch 

Martin Rufer

Martin Rufer

Direktor Schweizer Bauernverband

Telefon 078 803 45 54
E-Mail martin.rufer@sbv-usp.ch

Markus Ritter

Markus Ritter

Präsident Schweizer Bauernverband
Nationalrat

Telefon 079 300 56 93
E-Mail markus.ritter@parl.ch

Weitere Beiträge zum Thema

Standpunkte
Standpunkte Keine Klongenetik in der Schweiz

14.01.21 | Für den Schweizer Bauernverband ist das Klonen von Tieren fragwürdig. Insbesondere, weil Klonen auch bei der Bevölkerung keinerlei Akzeptanz findet. Es handelt sich dabei nicht primär um gesundheitliche Bedenken beim Konsum von Fleisch oder Milch von Tieren mit Klongenetik. Vielmehr sind es ethische Fragen, welche die Konsumenten beschäftigen. So hat die Herstellung eines Klontieres unerwünschte Nebeneffekte, wie überschüssige Klon-Embryonen oder Klontiere mit Defekten. Die Schweizer Landwirt-schaft will naturnah sein. Sie positioniert sich über Qualität und fordert dafür angemessene Preise ein. Das Klonen passt nicht zu diesem Image. Aus diesem Grund hat der Schweizer Bauernverband 2018 in Zusammenarbeit mit der Branche eine Regelung zum Umgang mit Klongenetik ausgearbeitet und diese per 1. Januar 2019 in die Richtlinien von QM-Schweizer Fleisch aufgenommen. Er begrüsst, dass die Bran-chenlösung auch in die Suisse Garantie-Branchenreglemente Fleisch und Milch und in das Ausstellungs-reglement der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter übernommen wurde. Damit darf keine Milch oder Fleisch mit Klongenetik mehr unter Suisse Garantie produziert und keine Tiere mit Klongenetik mehr an den Ausstellungen präsentiert werden. Wir überprüfen die Einhaltung der Anforderung in unse-rem Programm QM-Schweizer Fleisch. Verstösse werden streng sanktioniert und können zum Ausschluss aus dem Programm führen. Ein ebensolches Vorgehen erwarten wir von der Trägerschaft der anderen relevanten Reglemente. Denn es ist wichtig, dass die Umsetzung von allen Tierhaltungsbetrieben einge-fordert wird: Das Nichteinhalten von einem einzigen Betrieb kann zu einem grossen Imageschaden für die gesamte Schweizer Landwirtschaft führen!

Mehr lesen
SBV-News SBV-News Nr. 1 (04. – 10.01.2021)

12.01.21 | Der SBV konnte aufgrund der Corona-Situation seine traditionelle Neujahr-Medienkonferenz auf einem Bauernhof nicht durchführen. Stattdessen versandte der SBV den Medienrohstoff und eine Medienmitteilung zum Thema «Idealvorstellung versus Realität» und bot den Medienschaffenden digitale, individuelle Interviews mit Exponenten des SBV an. Dies nutzen einige Medien. Die Resonanz war aber nicht gleich wie die Medienkonferenzen auf einem Bauernhof. Sobald Corona es zulässt, wird der SBV – auch im Hinblick auf die Abstimmungen vom kommenden Juni – wieder Anlässe auf Höfen durchführen.

Mehr lesen
AGRISTAT aktuell
AGRISTAT aktuell Agristat Aktuell 12-20: Das Landwirtschaftsjahr 2020 – Rückblick und Ausblick

11.01.21 | Ein erfolgreiches Jahr 2020 - Nicht alle Probleme sind gelöst - Die Konsumenten ändern ihren Speisezettel - Der Bio-Anteil wächst - Die Inlandproduktion sinkt im Verhältnis zum Verbrauch - Die Konsumenten und Steuerzahler als Kunden

Mehr lesen
SBV-News SBV-News Nr. 52 (21. – 30.12.2020)

05.01.21 | Vor der Weihnachtspause schaltete der SBV auf der Kampagnenwebseite www.extreme-agrarinitiativen-nein.ch ein Erklärvideo zu den Auswirkungen der Trinkwasserinitiative auf. Darin wird diese als Mogelpackung bezeichnet, weil sie mit Trinkwasser nichts zu tun hat, nur auf die Direktzahlungen zielt und der Umwelt gesamthaft sogar schaden würde. Das Video zirkulierte in den sozialen Medien und als WhatsApp-Status in bäuerlichen Kreisen bereits über die Festtage. Richtig puschen werden wir dieses dann im Vorfeld der Abstimmung vom 13. Juni.

Mehr lesen
SBV-News SBV-News Nr. 51 (14. – 18.12.2020)

22.12.20 | Die Landwirtschaft leidet unter Medienbeiträgen, die schlecht recherchiert oder bewusst einseitig ausgerichtet sind. In der seit diesem Herbst bestehende Rubrik «Faktencheck» listet der SBV auf seiner Webseite solche Fälle auf und stellt die Informationen richtig. Diese Woche ist ein neuer Beitrag zur SRF-Sendung Netz Natur vom 10. Dezember dazu gekommen.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Medienmitteilungen Beitragseinzug auch für Schafe und Ziegen über Identitas

21.12.20 | Seit drei Jahren werden die Beiträge für Rinder und Schweine an den Schweizer Bauernverband in einem Mandatsverhältnis durch die Identitas AG eingezogen. Das System hat sich bestens bewährt, da administrative Kosten gespart und Synergien genutzt werden können. In Absprache mit den betroffenen Organisationen werden ab 1. Januar 2021 neu auch die Beiträge für Schafe und Ziegen auf diesem Weg erhoben. Eingesetzt werden die Mittel für die allgemeine Standesvertretung sowie spezifische Leistungen zugunsten der Viehwirtschaft.

Mehr lesen
Stellungnahmen Totalrevision Rohrleitungssicherheitsverordnung (RLSV) und Teilrevision Leitungsverord-nung (LeV), Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen (VPeA) und Niederspannungs-Installationsverordnung (NIV)

21.12.20 | Die Schweizer Landwirtschaft kann über die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien einen beachtlichen Beitrag zur Energiewende leisten. Nebst den wichtigen Fördermassnahmen haben aber auch technische und organisatorische Rahmenbedingungen einen Einfluss auf die Attraktivität des Zubaus erneuerbarer Energien. Auf der anderen Seite sind Landwirte und Landwirtinnen als Grundeigentümer indirekt betroffen infolge der Durchleitungen von Stromversorgungen und Rohrleitungen. Im Folgenden halten wir unsere Position zu verschiedenen Punkten, welche die Landwirtschaft betreffen, fest.

Mehr lesen
Stellungnahmen Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

21.12.20 | Die Gesetzesänderung betrifft in erster Linie das Beherbergungsgewerbe. Nichtsdestotrotz ist auch die Landwirtschaft davon betroffen, denn sie bietet im Rahmen von Agrotourismus auch selber touristische Dienstleistungen an. Diese können auch über die angesprochenen Online-Buchungsplattformen beworben und vertrieben werden. Weiter sind landwirtschaftliche Unternehmen auch auf verschiedene Weisen mit ebenfalls im ländlichen Raum aktiven Tourismusunternehmen wirtschaftlich verschränkt und voneinander abhängig (Regionale Warenflüsse, Arbeitskräfte, Infrastruktur etc.). Gerne nehmen wir deshalb die Möglichkeit wahr, zu Ihrer Vorlage Stellung zu beziehen.

Mehr lesen