Hauptinhalt

Produzentenpreise senken, ist ein Tabu!

Standpunkt vom 11. August 2023

Aktuell machen manche Abnehmer Druck auf die Produzentenpreise. Das ist jedoch in keiner Weise gerechtfertigt, im Gegenteil: Es sind weitere Erhöhungen nötig. Diese müssen sich nicht zwingend in teureren Ladenpreisen niederschlagen. Gefragt ist eine faire Verteilung der Wertschöpfung! Rohstoffe machen meist nur einen kleinen Teil des Ladenpreises aus. Gemäss Bundesamt für Statistik liegen die Konsumentenpreise für Lebensmittel im Juli 5.3% über dem Vorjahreswert. Die Produzentenpreise haben sich im gleichen Zeitraum nur sehr wenig bewegt. Es gibt also Handlungsspielraum für eine völlig gerechtfertigte Erhöhung der Produzentenpreise.

Die Bauernfamilien sind seit letztem Jahr mit einem starken Anstieg der Produktionskosten für Maschinen, Energie, Diesel, Dünger, Futter und viele weitere Produktionsfaktoren konfrontiert. Obwohl es bei den Produzentenpreisen 2022 gewisse Erhöhungen gab, gelang es nicht, die Kostensteigerung vollständig weiterzugeben. Es verblieb ein gesamtlandwirtschaftliches Defizit von rund 200 bis 300 Millionen Franken. In verschiedenen Branchen, ganz speziell bei der Milch, gab es schon vorher ein Nachholbedarf, da die Preise im Vergleich zu den Produktionskosten eindeutig zu tief waren.

Neben den gestiegenen Kosten für Vorleistungen kommt die Umsetzung der parlamentarischen Initiative 19.475 «Absenkpfad» hinzu. Diese umfasst ehrgeizige Zielvorgaben zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes und der Nährstoffverluste. Diese müssen die Betriebe ab diesem Jahr unter anderem über verschärfte Vorgaben für im ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) erreichen. Neben einer Reduktion der durchschnittlichen Erträge, zusätzlichem Arbeitsaufwand und höheren Produktionskosten bringt sie auch grössere Risiken im Pflanzenbau mit sich. Die Bauernfamilien brauchen deshalb bessere Preise, um Mehrkosten und Einbussen auszugleichen. Gleichzeitig hat der Bundesrat angekündigt, dass er die Direktzahlungen kürzen will. Eine Abgeltung der zusätzlichen Leistungen muss also über den Markt und die Produzentenpreise erfolgen.

Es ist in dieser Situation absolut nicht verständlich und in keiner Art und Weise akzeptabel, wenn die nötigen Preiserhöhungen verwehrt und teilweise sogar mit einer Reduktion der Produzentenpreise geliebäugelt wird. Bessere Erlöse für die Bauernfamilien sind auch insofern mehr als gerechtfertigt, da im Verkauf diverse Lebensmittel bereits teurer geworden sind, ohne dass die einheimischen Bauernfamilien angemessen vom Mehrpreis profitieren konnten.

Wer es ernst meint mit Nachhaltigkeit beim Essen, muss mithelfen, dass auch die Bauernbetriebe wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig unterwegs sein können und faire Preise für ihre Produkte erhalten. Taten statt Worte sind nun gefragt!

Autor

Michel Darbellay

Leiter Produktion, Märkte & Ökologie SBV

Telefon:    078 801 16 91
E-Mail:     michel.darbellay@sbv-usp.ch 

Weitere Beiträge zum Thema

Medienmitteilungen
Nicht auf Kosten der Landwirtschaft!

03.03.24 | Die Schweizer Bevölkerung hat der 13. AHV-Rente für alle zugestimmt. Sie nimmt damit zusätzliche jährliche Ausgaben für die erste Säule in der Grösse von 4 bis 5 Milliarden Franken in Kauf, deren Finanzierung völlig offen ist.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Erster, aber später Schritt zur Verbesserung der Lage

01.03.24 | Die Branchenorganisation Milch (BO Milch) beschloss heute, den Richtpreis für Milch um 3 Rappen zu erhöhen. Leider erst auf das dritte Quartal. Der Schweizer Bauernverband würdigt dies als ersten Schritt. Die Verarbeiter und Händler haben den Ernst der Lage insofern verstanden, als dass keine Verbesserung den Frust in der bäuerlichen Basis verstärkt hätte. Mit dem Entscheid ist der künftige Milchpreis leicht höher, als er vor der Reduktion im November per Anfang Jahr war.

Mehr lesen
Stellungnahmen Finanzierung von Gebäudeschäden bei Erdbeben

27.02.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Finanzierung von Gebäudeschäden bei Erdbeben.

Mehr lesen
Stellungnahmen Angleichung der EO-Leistungen

27.02.24 | Stellungnahme des Schweizer Bauernverbands zur Angleichung der EO-Leistungen.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 8-2024

26.02.24 | Der SBV startete die interne Vernehmlassung zur Revision der Pflanzenschutzmittel- und Gebührenverordnung. Aus Sicht der Landwirtschaft werden die Ziele deutlich verfehlt.

Mehr lesen
SBV-News
SBV-News Nr. 7-2024

20.02.24 | Die Arbeitsgruppe Internationales führte ihre jährliche Tagung durch. Die aktuelle Handels- und Europapolitik, die WTO-Ministerkonferenz und die kommenden Freihandelsabkommen gaben zu Reden.

Mehr lesen
Medienmitteilungen
Keine Kürzung bei der Landwirtschaft!

14.02.24 | Der Bundesrat muss seinen aus dem Lot geratenen Bundeshaushalt sanieren. Doch statt dort zu sparen, wo die Ausgaben steigen, will er auch die Landwirtschaft zur Kasse bitten. Er plant im Budget 2025 eine lineare Kürzung bei den schwach gebundenen Ausgaben. Für den Schweizer Bauernverband ist eine Reduktion des Agrarbudgets ein absolutes No-Go!

Mehr lesen
Medienmitteilungen
«1000 für die Biodiversität» – jetzt mitmachen!

13.02.24 | Mit 1000 zusätzlichen Kleinstrukturen und Bäumen wollen der Schweizer Bauernverband und Coop mithelfen, die Qualität von bestehenden Flächen zur Förderung der Biodiversität zu verbessern. Dafür zahlen sie 100 Franken pro neues Element. Deshalb heisst es jetzt: Mitmachen und mithelfen, das Ziel bis Ende April zu erreichen.

Mehr lesen