In einem Schiedsspruch von 2005 forderte die WTO die EU auf, ihre Zuckerausfuhren um annähernd 5 Mio. Tonnen zu senken, da sie mit ihrem subventionierten Zucker den Weltmarktpreis künstlich senkte. Die EU, bis anhin die weltweit zweitwichtigste Zuckerexporteurin, musste ihre Zuckermarktordnung grundlegend ändern. Sie reduzierte in der Folge die Rübenproduktion, führte Anbau- und Exportquoten ein und senkte den Rüben- und Zuckerpreis um rund 40%. Die Reform hatte einen Flächenrückgang um rund einen Drittel zur Folge. Die EU wurde damit zur Zucker- Nettoimporteurin.
Mit dem Ziel die Selbstversorgung wieder zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, hat die EU Ende September 2017 die Produktionsbegrenzung für Zucker und Isoglucose sowie den Mindestpreis für Zuckerrüben aufgehoben. Gleichzeitig mit der Marktliberalisierung entfiel die von der WTO auferlegte Exportbeschränkung von Zucker. In der Folge des Entscheides haben die Zuckerfabriken ihre Verarbeitung erhöht und die Anbaufläche wurden in den meisten EU- Länder ausgedehnt. Die Produktionsausdehnung fiel in klimatisch gute Jahre und die Produktionsmenge 2017 lag über dem Eigenbedarf der EU. Die Überproduktion fiel mit einer Baisse des Weltzuckermarktes zusammen und das Preisniveau brach ein. Im August 2019 lag der EU- Zuckerpreis auf einem Zehnjahrestief von rund 300 Euro.
Der Verdrängungskampf unter den Zuckerfabriken führt ab 2020 wiederum zu Schliessungen von europäischen Fabriken. Da die Schweizer Zuckermarkt durch die bilateralen Verträge mit der EU direkt verbunden ist (Doppelnulllösung) sank auch der Zucker- und damit der Rübenpreis in der Schweiz. Durch den Preiszerfall sank auch die Anbaubereitschaft in der Schweiz und Flächen wurden reduziert. Voraussichtlich wird der Zuckermarkt ohne Anbauquoten in der EU weiterhin unter starken Schwankungen leiden und der Preis volatil bleiben.
Der Swissnessversorgungsgrad von Zucker liegt bei ungefähr 55 Prozent. Die Swissness-Regeln sind seit 1. Januar 2017 in Kraft. Sie legen fest, ab wann ein Produkt mit der Herkunft Schweiz werben darf. Lebensmittel dürfen das Schweizer Kreuz verwenden, wenn mindestens 80% der enthaltenen Rohstoffe aus dem Inland stammen. Dies gilt auch für Schweizer Zucker. Glaubwürdige Vorgaben an die Swissness sind wichtig, damit die Herkunft Schweiz ihren Wert behält.
Zucker ist in der Schweiz ein strategisch wichtiges Produkt der Landesversorgung. Der Bund steht hinter der Schweizer Zuckerproduktion und unterstützt den Anbau mit einem Einzelkulturbeitrag von 2100 Franken pro Hektare und einem Mindestzoll von 70 Franken pro Tonne Zucker.